Prof. Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt (Ruhr-Universität Bochum)
„Ich kann Dich nicht riechen“, ein seit langem bekannter Ausspruch, für den die Wissenschaft in den letzten Jahren die zugrundeliegenden molekularen und zellulären Prozesse erarbeitet hat. Durch den enormen Fortschritt in bio- und gentechnologischen Methoden gelang der entscheidende Durchbruch in unserem Verständnis, wie es möglich ist, tausende verschiedener Gerüche wahrzunehmen und zu unterscheiden, selbst in geringsten Konzentrationen. Es wurden spezifische Erkennungs- und Verstärkungsproteine entdeckt, die die Natur entwickelte, um die enorme Leistungsfähigkeit des Geruchssinns zu ermöglichen. Außerdem gelang es uns erstmals, diese Rezeptoren auch außerhalb der Nase in vielen unterschiedlichen menschlichen Geweben, zum Beispiel auf Spermien, Haut-, und Prostatakrebszellen nachzuweisen und aktivierende und hemmende Düfte zu finden. Die Aufklärung der Funktion dieser extranasalen Rezeptoren kann neue Einblicke in physiologisch und pathophysiologisch relevante Prozesse im Bereich der Fertilität, Tumorentstehung oder Zellreaktivität geben und große Bedeutung für Diagnose und Therapie im klinischen Bereich erlangen. Diese technologischen Fortschritte werden aber auch dazu beitragen, besser die zellulären und kognitiven Prozesse zu verstehen, die dazu führen, dass Düfte unsere Befindlichkeit und Stimmung verändern, das Kaufverhalten beeinflussen oder den Heilungsprozess bei Krankheiten (Aromatherapie) beschleunigen können. Deshalb beschäftigen sich zunehmend auch die Medizin, Psychologie, bis hin zum Marketing mit der Wirkung von Düften. Sie genau zu verstehen, ist gerade in der heutigen Zeit, in der wir wieder zunehmend den hohen Stellenwert von Düften für unser Leben erkennen, besonders wichtig.